Review: MUSIC FRONTIERS 2025 -Visionen für ein neues Musik-Ökosystem

MUSIC FRONTIERS 04.-05. September 2025, Berlin Kreuzberg, Aquahöfe

Von Kai-Michael Wolters, Dipl.-Ing. B.Sc. Medientechnik, Student Sound and Vision (HAW Hamburg) & Mitglied der Audio Engineering Society (AES)


Am 4. und 5. September 2025 verwandelte sich das historische AQUA-Höfe Areal in Berlin-Kreuzberg in ein Zentrum für Innovation und Kreativität: Die Konferenz MUSIC FRONTIERS brachte internationale Visionär:innen, Künstler:innen, Entwickler:innen, Start-ups und Branchenvertreter:innen zusammen, um die Zukunft der Musik zu diskutieren und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln. Unter dem Motto Join the (R)evolution of Music setzte das Event ein deutliches Zeichen für Experimentierfreude, Interdisziplinarität und den kreativen Einsatz neuer Technologien.


Eine neue Art von Musik-Konferenz – Plattform für Zukunftsthemen

MUSIC FRONTIERS positionierte sich bewusst als Plattform für Zukunftsthemen und Innovation. Ziel der zweitägigen Veranstaltung war es, ein kreatives Labor zu schaffen, in dem sich Technologie, Kunst und Wirtschaft auf Augenhöhe begegneten und neue Impulse für die Musikbranche setzten.

Das industrielle Flair der AQUA-Höfe in Berlin-Kreuzberg erwies sich als perfekte Kulisse für diesen Austausch: Matthias Strobel, Gründer und Kurator der Konferenz, betonte die Bedeutung des Standorts:
„Kreuzberg steht für kulturelle Vielfalt, Experimentierfreude und den kreativen Austausch. Dieses Umfeld passt perfekt zu unserem Anspruch, Musik nicht isoliert, sondern im Zusammenspiel mit Technologie, Wissenschaft und Politik weiterzudenken.“


Programm-Highlights

Das zweitägige Event bot ein dichtes Programm auf drei Bühnen:

  • MUSIC FRONTIERS Stage mit Visionen, Keynotes und Panels für die Musikbranche
  • AI Frontiers Stage als Diskussionsplattform über Chancen und Herausforderungen von Künstlicher Intelligenz
  • Innovation Showcase Stage für Start-ups, neue Tools und kreative Experimente

Ein Höhepunkt war die Eröffnungssession mit Jacques Attali, Autor des Klassikers Noise: The Political Economy of Music. Gemeinsam mit Expert:innen wie Sarah Davis und Martin Clancy diskutierte er die Rolle von Musik in gesellschaftlichen und ökonomischen Transformationsprozessen.

Zum Abschluss des zweiten Konferenztages wurde der International Sound Award (ISA) verliehen. Mit dieser Auszeichnung werden weltweit herausragende Projekte und Innovationen im Bereich Sound und Musik gewürdigt – von kreativen Klanginstallationen über Produktdesign bis zu technologischen Entwicklungen. Die u.a. von der AES Germany geförderte Preisverleihung bildete einen feierlichen Schlusspunkt der Veranstaltung und unterstrich den internationalen Anspruch von MUSIC FRONTIERS.

Bild: Angelika Podola

Fokus auf Künstliche Intelligenz

Besonders großes Interesse galt der AI Frontiers Stage. Die Sessions beleuchteten KI nicht nur als technisches Werkzeug, sondern als kreativen Partner:

  • Assistive AI as Creative Partner in Music Production zeigte, wie KI Songwriting und Produktion verändert.
  • Vocal Clones & Digital Doubles thematisierte ethische und rechtliche Fragen digitaler Stimmen.
  • AI and the Metadata Crisis diskutierte, wie Technologie helfen kann, Rechteverwaltung und Vergütungssysteme neu zu gestalten.

Auch das Thema Vertrauen in Technologie war präsent: Im Fireside Chat AI:OK stellten Hanna Kahlert und Martin Clancy ein Literacy-Modul vor, das Standards und Fairness bei der Nutzung von KI fördern soll.

Die starke Resonanz machte deutlich: KI ist eines der zentralen Zukunftsthemen der Branche – eine Technologie, die kreative Möglichkeiten erweitert und gleichzeitig Fragen zu Urheberrecht, Fairness und Transparenz aufwirft. Strobel erklärte dazu:

„KI ersetzt nicht die menschliche Kreativität, sondern erweitert sie. Sie ist ein Werkzeug, mit dem wir kreative Prozesse bereichern und die Vielfalt im Musik-Ökosystem stärken können.“

Der Freitag startete mit einer Keynote des Künstlers Daniel Bedingfield, der Chancen und Risiken von KI aus der Sicht eines Künstlers beleuchtete. Weitere Panels untersuchten KI-gestützte A&R-Strategien, Live-Event-Optimierungen und Automatisierungen, die Unternehmen entlasten, damit Kreativität im Mittelpunkt stehen kann.


Praxis und Interdisziplinarität

Neben Keynotes und Panels bot MUSIC FRONTIERS Workshops mit praxisnahen Ansätzen, darunter die „Decoding/Recode“-Session zu Metadaten- und Vergütungsstrukturen sowie Workshops zu Markenstrategien für Start-ups und effektiver Teamkommunikation in kreativen Prozessen.

Die Veranstaltung zeigte deutlich, dass Fortschritt in der Musikbranche nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit möglich ist: Entwickler:innen trafen auf Künstler:innen, Wissenschaftler:innen arbeiteten Seite an Seite mit Start-ups und Branchenvertreter:innen.

Strobel betonte:

„Gerade an den Schnittstellen entstehen die spannendsten Impulse. MUSIC FRONTIERS will genau diesen Austausch fördern und Brücken zwischen Disziplinen bauen.“


Persönliche Perspektive

Als ausgebildeter Medientechniker (B.Sc.) und Student im Studiengang Sound and Vision an der HAW Hamburg nahm ich MUSIC FRONTIERS als eine Veranstaltung wahr, die Wissenschaft, Praxis und Kreativität miteinander verband. Besonders die Diskussionen rund um KI haben gezeigt, wie wichtig es ist, technologische Innovation kritisch, aber offen zu betrachten.

Durch meine Tätigkeit in der Konzeption und Umsetzung von Medieninstallationen sowie der Produktion von Inhalten für Ausstellungen und Museen erlebe ich, wie Technologie und Kreativität ineinandergreifen. Dieser Dialog zwischen Kunst, Technik und Visionen stand bei MUSIC FRONTIERS im Mittelpunkt.


Interview mit Matthias Strobel

Der Gründer von MUSIC FRONTIERS über Zielgruppen, Visionen und seine Motivation.

Frage: Welche Zielgruppen möchten Sie mit MUSIC FRONTIERS ansprechen, und wie unterscheidet sich die Konferenz von klassischen Formaten?
Strobel: „MUSIC FRONTIERS richtet sich bewusst an eine sehr breite Zielgruppe: Musiker:innen, Produzent:innen, Start-ups, Forscher:innen, Kreative aus Film oder Games sowie politische Entscheidungsträger:innen und Investor:innen. Der Fokus liegt nicht auf der Gegenwart, sondern auf der Frage, wie Musik in Zukunft aussehen wird. Formate wie Showcases, Labs und die ‚Wall of Opportunities‘ fördern gezielt Austausch und Kollaboration.“

Frage: Wie wichtig ist KI für die Zukunft der Musikbranche?
Strobel: „KI ist einer der größten Innovationstreiber. Sie eröffnet Künstler:innen neue Möglichkeiten, wirft aber auch Fragen zu Urheberrecht und Ethik auf. Mit der AI FRONTIERS Stage wollten wir genau diese Diskussionen führen und gemeinsam Lösungen erarbeiten.“

Frage: Was ist Ihre langfristige Vision für MUSIC FRONTIERS?
Strobel: „Wir wollen einen Ort schaffen, der regelmäßig neue Ideen hervorbringt und zukunftsweisende Technologien präsentiert. MUSIC FRONTIERS soll ein Kompass für die Musik der Zukunft sein und dazu beitragen, dass die Branche ihre Transformation aktiv gestaltet.“


Fazit

MUSIC FRONTIERS 2025 hat gezeigt, wie wichtig es ist, Musik als interdisziplinäres Feld zu begreifen. Die Konferenz bot nicht nur Einblicke in technologische Entwicklungen wie KI, sondern auch ein Forum für kreative und gesellschaftliche Visionen sowie interdisziplinäre Netzwerke. Die Konferenz bot nicht nur Einblicke in aktuelle Entwicklungen, sondern setzte Impulse für ein Musik-Ökosystem und etablierte sich als Plattform, die Orientierung gibt und Innovation aktiv fördert – und machte Berlin-Kreuzberg einmal mehr zum Hotspot für Musik und Zukunftsdenken.


After Movie

Das MUSIC FRONTIERS 2025 After Movie sehen Sie auf YouTube:

Videoaufzeichnungen der AI stage hier


Interview mit dem Veranstalter

Hier das vollständige Interview mit Matthias Strobel:

1. Welche Zielgruppen möchten Sie mit MUSIC FRONTIERS ansprechen, und wie unterscheiden Sie sich bewusst von klassischen Musik-Konferenzen?

MUSIC FRONTIERS richtet sich bewusst an eine sehr breite und vielfältige Zielgruppe. Neben Musiker:innen, Produzent:innen und Vertreter:innen der klassischen Musikwirtschaft sind ausdrücklich auch Technologie-Expert:innen, Startups, Forscher:innen, Kreative aus angrenzenden Bereichen wie Film oder Games sowie politische Entscheidungsträger:innen und Investor:innen eingeladen. Gerade darin unterscheidet sich MUSIC FRONTIERS von vielen klassischen Musik Konferenzen: Der Fokus liegt nicht primär auf den aktuellen Herausforderungen der Branche, sondern auf visionären Perspektiven. Also darauf, wie Musik in fünf, zehn oder zwanzig Jahren aussehen könnte. Statt nur über die Gegenwart zu sprechen, geht es darum die Zukunft gemeinsam zu gestalten. Die Formate sind entsprechend experimentell: Neben Keynotes und Panels gibt es Showcases, Labs, interaktive „Playgrounds“ und Austauschformate wie die „Wall of Opportunities“, die Begegnungen und Kollaboration gezielt fördern. Während traditionelle Konferenzen oft vor allem Branchentreffen bleiben, versteht sich MUSIC FRONTIERS als interdisziplinärer Think Tank und kreativer Marktplatz für Ideen. Mit seinem internationalen Anspruch, der Unterstützung durch EU, Bund und Land Berlin sowie einer starken Vernetzung von Musik, Technologie und Kulturpolitik möchten wir mit dieser Veranstaltung bewusst einen neuen Akzent im Konferenzgeschehen setzen.

2. Ein Schwerpunkt liegt auf der AI Frontiers Stage. Wie schätzen Sie den Einfluss von KI auf die Musikproduktion, die Branche und kreative Prozesse ein?

Künstliche Intelligenz ist für mich eines der spannendsten Themen unserer Zeit; gerade in Bezug auf Musik. Wir sehen bereits jetzt, dass KI-gestützte Tools Komponist:innen, Produzent:innen und Songwriter:innen ganz neue Möglichkeiten eröffnen, sei es beim Experimentieren mit Sounds, beim Generieren von Ideen oder beim Vereinfachen komplexer Produktionsprozesse. Wichtig ist dabei: KI ersetzt nicht die menschliche Kreativität, sondern erweitert sie. Sie kann Impulse geben, Routinen abnehmen und Türen öffnen, die vorher verschlossen waren. Für die Branche insgesamt bedeutet das natürlich auch große Veränderungen. Wir stehen vor Fragen zu Urheberrecht, Vergütung, Transparenz und ethischem Umgang mit Technologie. Diese Diskussionen sind nicht immer einfach, aber sie sind notwendig und sie bieten die Chance, neue, faire und zukunftsfähige Strukturen zu entwickeln. Ich bin überzeugt, dass KI ein enormer Treiber für Innovation sein wird. Entscheidend ist, dass wir sie nicht als Bedrohung, sondern als Werkzeug begreifen, mit dem wir kreative Prozesse bereichern und die Vielfalt im Musikökosystem stärken können. Genau deshalb haben wir bei MUSIC FRONTIERS mit der AI FRONTIERS Stage einen Raum geschaffen, in dem wir gemeinsam mit Expert:innen, Künstler:innen und Branchenvertreter:innen über Chancen und Herausforderungen sprechen und konkrete Lösungen erarbeiten.

3. Welche Rolle spielt Berlin-Kreuzberg als Veranstaltungsort für MUSIC FRONTIERS? Gibt es eine besondere Symbolik oder Verbindung zur Szene?

Berlin-Kreuzberg ist für MUSIC FRONTIERS ein ganz bewusst gewählter Standort. Kreuzberg steht wie kaum ein anderer Ort in Deutschland für kulturelle Vielfalt, für Experimentierfreude und für das Aufeinandertreffen unterschiedlichster Szenen; von Musik und Kunst über Startups bis hin zu gesellschaftspolitischen Bewegungen. Diese Energie passt hervorragend zur Idee von MUSIC FRONTIERS, die Zukunft der Musik nicht isoliert, sondern im Austausch mit Technologie, Wissenschaft, Politik und Kreativkultur zu denken. Darüber hinaus ist Berlin international ein Hotspot für elektronische Musik, Clubkultur und Musiktechnologie. Viele Startups, Forschungsinstitute und Labels sind hier angesiedelt, und Kreuzberg bildet mit seiner Offenheit und Internationalität eine Art Schmelztiegel, in dem Innovationen entstehen können. Indem die Konferenz in diesem Umfeld stattfindet, unterstreicht sie die enge Verbindung zu einer Szene, die schon immer neue Impulse gesetzt hat und auch künftig eine zentrale Rolle in der Weiterentwicklung der Musikwelt spielen wird.

4. Welche langfristige Vision haben Sie für MUSIC FRONTIERS? Soll die Konferenz ein fester Impulsgeber für die Branche werden?

Unsere Vision für MUSIC FRONTIERS geht weit über ein einmaliges Event hinaus. Wir möchten die Konferenz als festen Impulsgeber für die Branche etablieren. Als Ort, an dem regelmäßig neue Ideen entstehen, zukunftsweisende Technologien vorgestellt und nachhaltige Strategien für das Musikökosystem entwickelt werden. Ziel ist es, einen Raum zu schaffen, in dem sich Kreative, Technologie-Expert:innen, Wissenschaft und Wirtschaft immer wieder begegnen und gemeinsam an Lösungen arbeiten, die über kurzfristige Trends hinausreichen. Berlin, mit seiner internationalen Strahlkraft und seiner lebendigen Szene, bietet dafür den idealen Nährboden. Langfristig soll MUSIC FRONTIERS so etwas wie ein Kompass für die Musik der Zukunft sein; eine Plattform, die Orientierung gibt, Innovation fördert und dazu beiträgt, dass die Branche ihre Transformation aktiv und selbstbewusst gestaltet.

5. Sie arbeiten hier mit Künstler:innen, Entwickler:innen und Industrievertreter:innen zusammen. Wie wichtig ist interdisziplinäre Zusammenarbeit in einer sich schnell verändernden Musiklandschaft?

Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist heute wichtiger denn je. Die Musiklandschaft verändert sich mit einer Geschwindigkeit, die wir so bislang kaum kannten, getrieben durch technologische Innovationen, gesellschaftliche Entwicklungen und neue Konsumgewohnheiten. Keine dieser Veränderungen lässt sich isoliert betrachten. Um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln, braucht es das Zusammenspiel von Künstler:innen, Entwickler:innen, Industrievertreter:innen, Wissenschaft und Politik. Gerade an den Schnittstellen entstehen die spannendsten Impulse: Wenn kreative Perspektiven auf technologische Expertise treffen oder wenn wirtschaftliches Know-how mit künstlerischer Vision verbunden wird. MUSIC FRONTIERS will genau diesen Austausch fördern und Brücken bauen zwischen Disziplinen, die voneinander lernen und gemeinsam neue Wege beschreiten können. Denn nur in der Zusammenarbeit über Grenzen hinweg können wir die Vielfalt, die Innovationskraft und die Nachhaltigkeit des Musikökosystems langfristig sichern.

7. Gibt es ein Highlight im Programm, das Ihnen persönlich besonders am Herzen liegt?

Ein absolutes Highlight ist für mich die Opening Session mit Jacques Attali. Sein Buch „Noise: The Political Economy of Music“ hat mich und viele andere in unserem Feld tief geprägt, weil es auf eindrucksvolle Weise zeigt, wie eng Musik, Gesellschaft und Ökonomie miteinander verflochten sind. Ihn nun bei MUSIC FRONTIERS auf der Bühne zu haben, gemeinsam mit internationalen Expert:innen, ist für mich etwas ganz Besonderes. Es verkörpert genau das, wofür die Konferenz steht: den Blick nach vorn, den Mut zu Visionen und den interdisziplinären Dialog über die Rolle von Musik als Medium, dass über reines Entertainment hinaus geht, in unserer Zukunft.